28.08.2010
Ein Beitrag der Ostthüringer Zeitung
Eine Familie beim Rudolstädter Vogelschießen begleitet

Kassensturz am Karussell

Wer kennt es nicht, dieses Gefühl, viel mehr Geld auf dem Vogelschießen ausgegeben zu haben, als man eigentlich wollte. Wer freilich allein unterwegs ist, es bei einem Eis und einmal Losen belässt, kommt gut mit einem einstelligen Betrag hin. Aber wer will das schon? Die allermeisten fragen sich am Ende der Runde: Wo ist eigentlich mein Geld geblieben?

OTZ will es wissen und darf die fünf Olitzschs bei einer Rummel-Runde begleiten. Das sind die Eltern Gabriele und Volker sowie die Drillinge Josefine, Johanna und Jonas, zwölf Jahre. Wir treffen uns am Donnerstag, 17 Uhr, am Festplatzeingang vis à vis des Heineparkes. Es ist Familientag, viele Geschäfte locken mit ermäßigten Preisen. Erste Station: Die Schokoladenfabrik. Mit drei Obstspießen und einem kandierten Apfel wird die Rummel-Runde gestartet. Macht zusammen zehn Euro. Vater Volker verzichtet. "Ich mach mir nichts aus Süßem. Selbst wenn ich zum Geburtstag Kuchen esse, brauche ich hinterher ein Stück Käse", sagt er. Weiter geht es. Das junge Trio strebt dem Break Dance entgegen. "Das bin ich vergangenes Jahr zum ersten Mal gefahren", ist Josefine begeistert, "war echt toll". Allerdings bevorzugen die beiden Mädchen Fahrten bei Tageslicht. "Abends ist das Gedränge so groß, da springen manche schon auf, nur um einen Wagen zu kriegen, wenn sich das Karussell noch dreht", haben sie beobachtet. Jonas berichtet von einer Fahrt mit Hindernissen, nach der ein unfreiwilliger Stopp mit einer Freikarte belohnt wurde. "Nur gut, dass ich nicht weiß, was ihr alles so macht", kommentiert die Mama. Auf die Rechnung kommen drei mal zwei Euro, macht zusammen sechs.

"Eigentlich könnten mein Mann und ich jetzt im Partydorf ein Bier trinken", überlegt Gabriele. Das würde mit zwei mal 2,80 zu Buche schlagen, wird aber aus Zeitgründen auf später verschoben. Alle fünf zusammen finden sich kurze Zeit später im Riesenrad wieder. Macht an diesem Nachmittag fünf mal 2,50 Euro. Der Nachwuchs ist schon zu alt, um hier noch als Kinder durchzugehen. Damit erhöht sich die Rechnung um 12,50 Euro. Auf die Fahrt auf der Wildwasserbahn verzichtet Vater Volker. Die Familie löhnt an der Kasse weitere zwölf Euro. "Ich bin nicht so der Fahrgeschäfte-Typ. Ich stehe lieber am Rand und freue mich", lacht er. "Das war früher anders, wenn ich dran denke, wie verrückt wir waren. Da haben wir keinen Tag und kein Geschäft ausgelassen", erzählt er. Die Wartezeit überbrückt er mit einem Glas Wein an der Casablanca-Bar für drei Euro. An der Losbude bleibt es mit 1,50 Euro für zehn Lose vergleichsweise preiswert. Ein größerer Gewinn wird nicht gleich eingelöst, schließlich sollen alle drei Kinder etwas davon haben. "Da werden wir nochmal Familienrat halten. Wir kommen ja noch einmal her", beendet Mama Gabriele die Diskussion. "Vogelschießen ist einmal im Jahr, und es wird ja keiner gezwungen herzugehen. Wenn ich die fröhlichen Kinder sehe, das entschädigt für alles. Aber man muss sich schon eine Grenze setzen", sucht sie die Balance zwischen Großzügigkeit und Vernunft. Erinnerungen werden wach an DDR-Zeiten, als man an der Schießbude mit etwas Glück Erdnussflips, Ananas in Dosen oder Rosenthaler Kadarka gewinnen konnte, was immer heiß begehrt war.

Vater und Sohn zieht es inzwischen an den Schießstand, wo zehn Schuss für drei Euro zu haben sind. Sie beschließen aber nach einer kurzen Beobachtung, erst einmal weiter zu gehen. Geschossen wird dann doch, und zwar am Schießstand hinter dem Pörzezelt. Macht für den Papa 2,50 Euro, für den Sohnemann 1,50 Euro. Vor der Revue der Illusionen gibt es kleine Meinungsverschiedenheiten. "Das muss nicht sein", findet Johanna. "Vielleicht geht ihr mal mir zuliebe mit", wirbt die Mama für einen Besuch. Schließlich sitzen alles fünf drin: Für den Sonderpreis von 1,50 Euro für die Erwachsenen und einem Euro für die Kinder.

Anschließend wäre die Fahrt auf der Achterbahn dran gewesen, die das Trio unbedingt machen will und die mit jeweils drei Euro zu Buche geschlagen hätte. Allerdings muss sie ausfallen. Die Bahn steht still. Wann es weitergeht, kann die Dame im Kassenhäuschen nicht sagen. "Wenn die Chefs es sagen", so ihre Antwort. Die fünf ziehen weiter und haben neun Euro gespart. Die werden am Kettenkarussell gleich wieder umgesetzt. Der Freifallturm indes bleibt außen vor. "Das ist nicht so spannend", findet Jonas und Mama Gabriele bestätigt: "Dafür seid ihr schon zu groß". Gern erinnert sie sich an die Zeit der Kinderkarussells. Und daran, dass ihr Mann nie wollte, dass es für alle drei Kinder Zuckerwatte gibt, "weil sie dann immer von oben bis unten geklebt haben". Aber das ist Geschichte.

Inzwischen macht sich ein Hungergefühl breit. Die beiden Mädchen entscheiden sich für eine Pizza-Ecke für jeweils 2,50 Euro, die drei anderen essen chinesisch, die Portion für 2,50 Euro. Jetzt zieht der Autoscooter, an dem am Familientag die Fahrt 1,50 Euro kostet. Aber auch hier bleiben die drei Kinder unter sich, macht unterm Strich weitere 4,50 Euro aus dem Familienbudget. Die Rummel-Runde endet nach mehr als zwei Stunden im Partydorf. Hier gibt es für Jonas eine Cola, für die beiden Mädchen eine Apfelschorle und für die Eltern das Bier. Macht drei mal zwei Euro plus zwei mal 2,80, also 11,60 Euro.

Zeit für einen Kassensturz. Für Fahrgeschäfte und Vergnügungen haben unsere fünf Olitzschs an diesem Nachmittag 55 Euro ausgegeben. Wäre die Achterbahn gefahren, hätte sich die Summe auf 64 erhöht. Für Essen und Getränke kommen weitere 37,10 Euro dazu. Macht unterm Strich 92,10 Euro für gut zwei Stunden Rummel-Bummel.