24.08.2010
Ein Beitrag der Ostthüringer Zeitung
Antrittsbesuch von Landespfarrer Conrad Herold auf dem Rudolstädter Vogelschießen

Seelsorger für Schausteller

"Wer einmal eine Taufe oder eine Trauung auf dem Riesenrad erlebt hat, wird das nie vergessen", ist Fritz Krebs, Vorsitzender des Thüringer Schaustellervereins und Inhaber des Autoscooters, überzeugt.

Zweieinhalb Jahre mussten Schausteller in Thüringen auf einen eigens für sie zuständigen Pfarrer verzichten. Jetzt ist diese Phase vorbei. Conrad Herold ist seit 1. Juli Landespfarrer für Circus- und Schaustellerseelsorge in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland. Trotz aller Einspar- und Umgestaltungsprozesse habe die Synode diese Stelle ohne Wenn und Aber beschlossen, freut er sich. Gestern stattete er dem Rudolstädter Vogelschießen einen Antrittsbesuch ab.

"Ich bin gerade dabei, mich zu organisieren. Dazu gehört zu schauen, wo welche Jahrmärkte stattfinden, wie groß sie sind, welchen Zuspruch sie haben", erklärt er das Anliegen seines Besuches, wenngleich er zugibt, von Rudolstadt und dem Vogelschießen vorher noch nichts gehört zu haben. So liegt es nahe, Kontakt zu den Besitzern der Geschäfte zu knüpfen, sich vorzustellen, mit ihnen zu sprechen.

"Schaustellerseelsorge ist in Thüringen fest verankert. Es ist ganz deutlich zu spüren: Sie ist gewollt. Der Zusammenhalt innerhalb der reisenden Gemeinde ist groß. Deshalb sind wir auch froh, dass wir ihn jetzt haben", sagt Fritz Krebs und spricht dabei sicher auch für seine Kollegen. "Es gibt bestimmt eine Menge zu besprechen. Schausteller sind auch ein sehr abergläubisches Völkchen, da ist es ganz wichtig, dass bestimmte Rituale stattfinden", ergänzt er.

Auf dem Platz hat sich schnell herumgesprochen, dass ein Pfarrer da ist. "Man merkt, Seelsorge ist Teil des Lebens der Schausteller", spürt Conrad Herold, dass er willkommen ist. Wenn zweieinhalb Jahre beispielsweise keine Konfirmationen stattgefunden haben, dann gibt es Nachholebedarf. Jetzt will er das Angebot wieder unterbreiten. "Rummel ist nicht nur Spaß und Lachen. Für diejenigen, die hier arbeiten, kommt alles andere, was das Leben ausmacht, hier auch vor: Unfälle, Krankheit, Tod. Diesen Wechsel der Gefühle muss man erstmal aushalten", kann er bei der seelsorgerischen Arbeit auch auf seine Erfahrungen aus 19 Jahren Gemeindepfarrertätigkeit in Magdeburg zurückgreifen.

"Ich gehöre nicht zu den Pfarrern, die Menschen unbedingt in die Kirche ziehen wollen. Ich sage: Wir müssen rausgehen, dorthin, wo das Leben spielt. In der Kirche bin ich der Hausherr, hier aber sind es die Schausteller", beschreibt der Gast seine Rolle. Und wer weiß, vielleicht gibt es schon im nächsten Jahr auf dem Vogelschießen wieder einen Schaustellergottesdienst.